Diesen „Boomer“-Satz kennt vermutlich jeder: „Früher war alles besser“. Natürlich ist das eine subjektive Verallgemeinerung und kann so pauschal nicht stimmen. Allerdings hat die Aussage oft einen wahren Kern. Welcher oder besser gesagt welche das bei modernen Videospielen sind, dem gehe ich in diesem Artikel auf den Grund. Aber eines vorweg: Nein, Retro-Spiele sind nicht alle besser als moderne Spiele. Und es gibt einen Haufen richtig geiler neuer Perlen. Probleme existieren im Bereich Modern Gaming aber dennoch – und zwar folgende:
1. Mikrotransaktionen
Kaum ein Videospiel setzt noch darauf allein durch den Verkauf des Spiels Asche zu machen. Viele setzen auf Mikrotransaktionen, Beutekisten und Pay-to-Win-Modelle. Wenn solche Sachen nur in Online-Games vorkommen würden, könnte ich das ja noch verstehen, aber selbst reine Singleplayer-Titel sind bereits von dieser Pest betroffen. Wie wäre es mit einem extra Skin für 4,99 Euro? Oder für die ganz Faulen: Gebt doch etwas Geld für XP-Booster aus. Welchen Sinn das in einem Singleplayer-Game hat, außer dass man das Spiel schneller fertig zocken kann, erschließt sich mir nicht. Aber Publisher wollen wohl heutzutage zusätzliche Einnahmequellen rauspressen, die über den initialen Kaufpreis hinausgehen. Von Season Passes und DLCs fangen wir gar nicht erst an.
2. Technische Probleme
Was ist das letzte Game, das ihr gekauft und gespielt habt, das in einem Zustand auf den Markt kam, sodass es nicht weiter gepatcht werden musste? Es ist mittlerweile völlig normal, dass Computerspiele unfertig veröffentlicht werden und erst nach einem Day-One-Patch gestartet werden können. Es betrifft jedes Genre, ja sogar E-Sport Titel sind davor nicht gefeit. Das ist allerdings selten die Schuld der Entwickler, sondern eher den Publisher zuzuschreiben. Denn die geben oft einen Releasezeitraum an, der jenseits von Gut und Böse ist. Dadurch müssen Spiele mit Gewalt in einer Eile fertiggestellt werden, die natürlich Fehler begünstigen. Dass dieser sogenannte „Crunch“ darüber hinaus auch nicht gerade gesund für die Entwickler ist, dürfte klar sein.
3. Live-Service-Spiele
Wie quetscht man mit Mikrotransaktionen noch mehr Geld aus Spielern aus? Indem man sie so lange an einem Game fesselt wie möglich. Genau das ist das Ziel von Live-Service-Spielen. Bestes Beispiel dafür wäre wohl „Fortnite“. Von Letzterem kann man ja halten, was man will, aber meiner Meinung nach sind Live-Service-Titel einfach nur schrecklich. Gefühlt alle sechs Stunden müssen solche Games aktualisiert werden, online können sie eh nicht gestartet werden und wie bereits erwähnt, treiben sie Mikrotransaktionen auf die Spitze.
4. Copy-Paste
Erfolg führt bekanntlich zu Nachahmern. Besonders im AAA-Bereich wimmelt es nur so von Open-World-Titeln, die der bekannten Ubisoft-Formel nacheifern: Türme freischalten, Icons auf der Karte abklappern und Beute sammeln – nur um mal ein Paar Beispiele zu nennen. Kein Wunder also, dass Indie-Titel immer beliebter werden (Xbox Live Arcade sei Dank). Gamer wollen endlich mal etwas Neues zocken. Indie-Spiele zeigen da oft mehr kreative Ideen als große Produktionen. „Call of Duty“ und „Fifa“ bzw. „EA FC“ verwenden sogar Assets oder ganze Systeme wieder. Immerhin hat sich „Fifa“ mittlerweile einen neuen Namen ausgedacht – auch eine Art von Innovation.
5. Der Preis
Qualität hat seinen Preis, sagte schon der schlaue Sparfuchs eines bekannten Waschmittelherstellers. Aber hat die Qualität denn wirklich zugenommen? Klar, die Grafik der Videospiele wird immer besser und auf dem Bildschirm bekommen wir alles in 4K präsentiert, doch nicht alles was glänzt ist auch Gold. Viele Games sind oberflächlich und sehen nur gut aus. Trotzdem sind die Preise der Titel in den letzten Jahren immer weiter gestiegen. Mittlerweile ist es Standard, dass man ein AAA-Titel zum Release nicht unter 79,99 Euro bekommt. Nintendo hat nochmal den Vogel abgeschossen mit „Mario Kart World“, dass satte 89,99 kostet. Ganz zu schweigen von den Hardwareanforderungen auf dem PC. Da kommen auch nochmal einige Kosten auf uns Gamer zu. Wer heute Gaming als Hobby hat, muss ein dickes Portemonnaie besitzen.
Aber es gibt Hoffnung
Trotz all dieser Symptome, die moderne Videospiele plagen, denke ich, dass es falsch ist zu sagen, dass heute keine guten Spiele mehr erscheinen. Im Gegenteil: Es gibt einige Entwicklerstudios und Projekte, die beweisen, dass Innovation, Qualität und Spielspaß weiterhin Bestand haben. Beispiele gefällig? Was ist mit „Baldur’s Gate 3“ von Larian Studios? Hier wurde ein umfangreiches Rollenspiel abgeliefert, das nicht nur technisch sauber lief, sondern auch inhaltlich überzeugte. Keine Mikrotransaktionen, kein Live-Service-Quatsch – einfach ein komplettes Spiel mit Tiefgang, das sich an die Fans richtet, ohne sie auszubeuten. Und siehe da: Der kommerzielle Erfolg blieb nicht aus. Das Spiel wurde sogar zum Game of the Year 2023.
Auch „Elden Ring“ hat bewiesen, dass man mit einem klaren Konzept, frischem Worldbuilding und anspruchsvollem Gameplay, das unsere Fähigkeiten fordert, ein riesiges Publikum erreichen kann. FromSoftware hat nicht versucht, es jedem recht zu machen, sondern einfach ein gutes Spiel gebaut. Das Ergebnis? Kritikerlob, Spielerliebe, Verkaufsrekorde und auch hier wieder der Titel „Game of the Year 2022“.
Den Indie-Bereich habe ich ja bereits erwähnt. Hier glänzen Titel wie „Hades“, „Stardew Valley“ oder „Celeste“. Solche Spiele zeigen, dass kreative Ideen, gutes Design und Liebe zum Detail ohne gigantisches Budget oder nervige Monetarisierung funktionieren. Bei vielen Computerspielen ist es so, dass sie von kleinen Teams entwickelt werden – und dennoch bieten sie mehr Spielspaß und Innovation als so mancher AAA-Titel.
Also ja: Moderne Videospiele stehen vor vielen Herausforderungen und einige Entwicklungen der letzten Jahre sind mehr als fragwürdig – allein schon die ganzen Entlassungswellen in der Videospielbranche sind ein Armutszeugnis. Doch es wäre unfair, das gesamte Medium über einen Kamm zu scheren. Es gibt sie noch, die Spiele, die uns begeistern, überraschen und fesseln, ohne dass wir das Gefühl haben, gemolken zu werden. Am Ende liegt es an uns Spielern. Wenn wir bereit sind Qualität zu fördern, statt jeden Skin im Shop zu kaufen oder jedes halbgare Spiel blind vorzubestellen, dann können wir als Community ein klares Signal setzen – für bessere Spiele.
Bild: Adobestock
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