Nachdem Blizzard mit dem ersten Teil der Serie bereits viel Pionierarbeit für das Hack-and-Slay-Genre leisten konnte, schaffte es der Entwickler mit „Diablo 2“ alte Stärken auszubauen und die Monsterjagd auf ein neues Level zu heben. Das Gamedesign des Action-Titels überflügelt den Vorgänger, aber die technischen Sprünge hätten größer ausfallen können.

Der zweite Ableger präsentiert sich passend zu seiner Geschichte gewohnt düster und brutal. Durch den zeitlosen Stil ist die Jagd nach dem Höllenfürsten grafisch noch heute gut genießbar und auch die Mechaniken des Titels müssen sich vor aktuellen Konkurrenten nicht verstecken. Das Spiel schafft es immer wieder uns zu motivieren, doch noch einmal eine Stunde dran zu hängen, um noch ein bisschen nützliche Ausrüstung zu ergattern. Außerdem sind die Zwischensequenzen einfach so stimmungsvoll, dass ich mir bis heute einen „Diablo“-Film wünsche.

Wer möchte mit auf diesen Höllentrip?

Wie es der Titel vermuten lässt, scheint der Höllenfürst aus dem ersten Teil der Serie noch nicht endgültig besiegt zu sein. In einem düsteren Intro werden wir in die Geschichte des zweiten Teils eingeführt. Wir sehen, wie sich eine vermummte Gestalt in einer Kutte langsam durch ein von Lärm und Stimmen durchzogenes Irrenhaus bewegt. Kurz darauf befinden wir uns in der Zelle von Marius, der zusammengekauert auf dem Boden liegt. Die Zellentür öffnet sich, der Kuttenträger tritt ein und setzt sich ans Fenster. Er tritt mit dem zunächst verängstigten Marius ins Gespräch und wird von diesem kurz danach als Erzengel Tyrael identifiziert. Marius bittet ihn um Vergebung, sagt es sei nicht sein Fehler gewesen und beginnt, die Geschichte vom „dunklen Wanderer“ zu erzählen.

Den verschiedenen Klassen stehen unterschiedliche Skills zur Verfügung. Der Totenbeschwörer kann z.B. Skelete beschwören, die euch im Kampf unterstützen.

Nachdem Marius bereits seit längerer Zeit von schrecklichen Albträumen verfolgt wurde, befand er sich eines Abends auf der Flucht vor seinen eigenen Gedanken in einem abgelegenen Wirtshaus. Es öffnet sich die Tür des Wirtshauses und wir sehen eine gebrechlich wirkende Gestalt in einer Kutte, die kaum in der Lage zu sein scheint, ihr eigenes Schwert zu tragen. Marius hat das Gefühl, dass die Gestalt einen Dämonen in sich trägt und diesen schwer im Zaum halten kann. Nach einem kurzen Moment der Stille beginnt der Wanderer, sich zitternd an sein Schwert zu klammern, schafft es jedoch nicht und bricht letztendlich in sich zusammen. Daraufhin bricht eine Flut von Dämonen hervor, die das Wirtshaus vernichten und jeden darin abschlachten. Marius kann als einziger überleben und verspürt den Drang, dem „dunklen Wanderer“ zu folgen.

Die üblichen Verdächtigen

Nach diesem Intro ist der Ton für „Diablo 2“ gesetzt und es liegt an uns, wieder etwas Licht in dieses dunkle Szenario zu bringen. Die erste Frage, die sich uns dabei stellt, ist mit wem wir dabei in den Kampf ziehen wollen. „Diablo 2“ bietet uns — anders als der Vorgänger — nicht mehr nur drei, sondern gleich sieben verschiedene Charaktere. Zur Auswahl stehen der Babar, die Amazone, der Totenbeschwörer, der Druide, die Assassinin, der Paladin und die Zauberin. Jeder Charakter repräsentiert dabei einen eigenen Spielstil, inklusive eigener Fähigkeiten, Skilltrees und klassengebundener Items. Haben wir uns für einen Recken entschieden, kann es direkt losgehen und wir finden uns mitten im Lager der Jägerinnen wieder.

Insgesamt stehen euch sieben Klassen zur Verfügung.

Nun ist es an der Zeit, erstmal mit allen Bewohnern der Siedlung zu sprechen und sich von Akara den ersten Auftrag des Aktes zu holen. Insgesamt beinhaltet „Diablo 2“ zusammen mit seiner Erweiterung „Lord of Destruction“ fünf Akte. Jeder Akt setzt sich aus unterschiedlichen Gebieten zusammen, bietet uns sechs verschiedene Quests und einen Endboss. Die einzige Ausnahme ist der vierte Akt, welcher den Abschluss des Hauptspiels bildet und lediglich drei Aufträge zur Verfügung stellt. Außerdem wird komplett auf Nebenquests verzichtet, sodass wir uns ausschließlich an der Haupthandlung orientieren.

Der Loot-Hype hat uns fest im Griff

Zurück zu unserem ersten Auftrag. Akara trägt uns auf, dass wir die Höhle des Bösen von den dort ansässigen Monstern befreien. Im Grunde genommen läuft die Quest genauso ab, wie sie sich beschreibt. Wir verlassen das Lager, suchen im ersten Außengebiet nach der Höhle, hauen alle Monster platt und kehren wieder zum Lager zurück, um die Belohnung einzustreichen. Zwar ist diese Quest als Anfangsaufgabe erwartungsgemäß simpel, doch steht sie in ihrer Komplexität auch exemplarisch für den Rest des Spiels. Zwischendrin werden wir dafür mit stimmungsvollen Zwischensequenzen in gewohnt guter Blizzard-Qualität belohnt. Außerdem spielt es kaum eine Rolle, dass die Quests von „Diablo 2“ nicht vor Komplexität zerplatzen. Das eigentlich Interessante ist uns nämlich schon auf dem Weg zur Höhle passiert. Durchs Monsterkloppen haben wir bessere Ausrüstung erbeuten können und hatten vermutlich unseren ersten Levelaufstieg.

Die Händler haben zahlreiche Standard-Waffen und -Ausrüstungen in ihrem Sortiment.

Jeder Stufenaufstieg spendiert uns frei zu vergebende Punkte für die Attribute und die Fähigkeiten unseres Helden. In Sachen Attribute teilen sich alle Klassen die gleichen vier Grundattribute: Stärke, Geschicklichkeit, Vitalität und Intelligenz. Je nachdem, wie wir unsere Punkte verteilen, bestimmen wir über die numerischen Werte unserer Spielfigur. Vollkommen anders sieht es bei den Fähigkeiten aus, denn die sind für jede Klasse einzigartig und beeinflussen maßgeblich unsere Spielweise. Auch wenn wir innerhalb der Fähigkeitsbäume zusätzlich passive Knoten aktivieren können, besteht der Großteil aus aktiven Fähigkeiten. Pro Klasse stehen uns drei sehr unterschiedliche Skilltrees zur Verfügung, in denen wir frei Punkte vergeben können. Weil uns „Diablo 2“ nicht mit Punkten zuschütten wird, müssen wir gut überlegen, wo wir Punkte investieren oder sogar lieber sparen. Sollten wir uns dabei nämlich nicht besonders gut anstellen, wird es uns das Spiel spüren lassen. Also besser nicht verskillen, sonst liegen wir ganz fix im Dreck. Das ist aber gut so und die dadurch entstehende Varianz an verschiedenen Builds ist einfach grandios gut.

Abgesehen von der jeweiligen Skillung ergibt sich unser Build durch die Ausrüstung der Spielfigur. Gegenstände finden wir in Verstecken wie Truhen oder plündern  sie von besiegten Gegnern .. Die Beute reicht dabei vom Schwert bis zum Bogen und kommt in verschiedenen Seltenheitsgraden daher. Je seltener ein Gegenstand, desto mehr Attribute und Boni können wir erwarten. Set-Gegenstände bieten zusätzlich mächtige Vorteile, wenn wir mehrere des gleichen Sets ausgerüstet haben. Außerdem können wir in gesockelte Ausrüstung unterschiedliche Runen und Edelsteine einsetzen und haben damit noch eine weitere Anpassungsmöglichkeit. Generell finden wir immer wieder nützliche Ausrüstung und haben nicht das Gefühl, ausschließlich Müll zu finden. Hat uns „Diablo 2“ erstmal am Haken, entwickeln wir schnell eine ausgeprägte Sammelwut und richtigen Spaß am Looten und Leveln.

Stimmungsvolle Welt mit diabolisch niedriger Auflösung

Um aber überhaupt an neue Ausrüstung und Levelaufstiege zu kommen, müssen wir die Welt erkunden und die dunklen Schergen in die Unterwelt zurückprügeln. Die verschiedenen Welten, welche wir im Laufe der Akte durchstreifen, haben dabei ihr jeweils eigenes Setting mit dazu passenden Gebieten. Wo uns die Gebiete rund um das Lager der Jägerinnen eher an ländlich grüne Umgebungen erinnern, verschlägt es uns bereits in Akt 2 nach Lut Gholein in die Wüste. Für Abwechselung ist also gesorgt. Leider glänzen die Texturen dabei nicht unbedingt mit Schärfe und ohne Widescreen-Mod werden wir auf neuen Systemen unweigerlich auf Probleme stoßen. Mit maximal 800×600 Pixeln ist die Auflösung derart niedrig, dass ich nicht einmal erkennen könnte, ob der Teufel denn nun wirklich Prada trägt. Selbst zu Release vor 20 Jahren waren das einfach zu wenige Pixel. Dafür ist der Stil von „Diablo 2“ in meinen Augen absolut zeitlos, glänzt mit seinem düsteren Ambiente und den schicken Lichteffekten. Die Gestaltung der Umgebung wirkt dabei jederzeit passend zur düsteren und tristen Grundstimmung. Abgesehen von ein paar Außenarealen, die an manchen Stellen doch etwas zu leer und trist daherkommen. Müsste ich den Vergleich zu neueren Titeln ziehen, fühle ich mich eher ans Konkurrenzprodukt „Path of Exile“ von „Grinding Gear Games“ erinnert als an den etwas bunteren Nachfolger „Diablo 3“.

Als Endboss wartet Baal, Herr der Zerstörung, auf euch.

Passend zum Setting präsentiert sich auch die mystische und schwere Musikuntermalung, die uns schnell ins Ohr geht. Vor allem die fantastischen Soundeffekte können mich bis heute begeistern. Wir bekommen jederzeit brauchbares akustisches Feedback, Schläge klingen wuchtig und das Ableben der Gegner wird hörbar angekündigt. Insgesamt fühlen sich die Kämpfe gut an und die Steuerung erfüllt ihren Zweck. Dass wir zum Beispiel Ausdauer benötigen, um uns schnell bewegen zu können, ist für das Hack-and-Slay-Genre etwas untypisch, passt aber gut in den Spielentwurf. Nur bei der aktiven Fähigkeitenauswahl hätte ich mir schon damals ein bisschen mehr Komfort gewünscht. Das ist aber Meckern auf hohem Niveau und keine ernsthafte Einschränkung für den Spielspaß.

Wo die geringe Anzahl an Quests in der Theorie nach wenig klingt, zeigt uns „Diablo 2“ in der Praxis, dass Theorie und Praxis nicht das Gleiche sind. Durch die unterschiedlichen Klassen und Skills ist der Spaß nach dem ersten Spieldurchlauf noch lange nicht vorbei. Schon vor Jahren habe ich auf Lan-Partys gelernt, dass „Diablo 2“ eines der Spiele ist, die einfach nicht langweilig werden. Wenn wir durch vorherige Spieldurchläufe gelernt haben, wie wir unsere Skillpunkte verteilen sollten und daraufhin Andariel beim ersten Kontakt in Sekunden aus den Latschen hauen, dann fühlt sich das einfach großartig an. Darüber hinaus können wir unsere hochgezüchteten Charaktere in höhere Schwierigkeitsgrade mitnehmen und dort noch mächtigere Ausrüstung erbeuten. Für einen großen Wiederspielwert ist auch nach dem ersten Durchspielen definitiv gesorgt. Außerdem ist ein starker Charakter sowieso vom Vorteil, denn natürlich wollen wir auch mindestens einmal das legendäre Kuh-Level betreten und die irren Hornträger können durchaus hart zuschlagen. „Diablo 2“ ist besonders technisch etwas in die Jahre gekommen, ist aber trotzdem ein absolutes Juwel unter den Videospielen. Gerade deshalb bin ich sehr gespannt, wie sich das Remastered „Diablo 2 Resurrected“ im Gegensatz zum Original schlagen wird.

Aussehen16 / 20
Soundtrack18 / 20
Spielspaß17 / 20
Story15 / 20
Umfang18 / 20

The good

  • Extrem hoher Widerspielwert durch unterschiedliche Klassen, Builds, Schwierigkeitsgrade und Ausrüstung.
  • Stimmige Musikuntermalung und wuchtige Soundeffekte
  • Herrlich düstere Stimmung und zeitloser Stil

The bad

  • Unverschämt niedrige Auslösung und grobe Texturen
  • Aus heutiger Sicht stellenweise gewöhnungsbedürftige Bedienelemente
  • Wenige und nicht besonders komplexe Quests

Bild: Blizzard

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