„Astlibra Revision“ von Entwickler Keizo und Publisher WhisperGames ist zwar bereits seit dem 13. Oktober 2022 für den PC und seit dem 16. Oktober 2023 für die Switch erhältlich, aber im Rahmen der Veröffentlichung des Stand Alone-DLCs Anfang des Jahres haben wir uns das gefeierte JRPG noch einmal in der PC-Version genauer angeschaut. So viel sei gesagt: Es hat mich sehr positiv überrascht und für ordentlich Nostalgie gesorgt.

Einen ersten Eindruck vom Hauptspiel gibt euch der folgende Trailer:

Entwickelt wurde das Spiel sogar viel früher. So hat der Entwickler 15 Jahre an „Astlibra“ gearbeitet und das Projekt stetig weiterentwickelt. Eine echt beeindruckende Leistung.

Ein mysteriöser Rabe zeigt, wo es langgeht

Ein namenloser junger Mann flüchtet zusammen mit seiner Jugendfreundin aus seiner Heimatstadt, die von einer Horde Dämonen angegriffen wird. Auf der Flucht werden sie von Dämonen gejagt und schlussendlich fällt der Protagonist ohnmächtig um. Zu einem späteren Zeitpunkt wacht der Protagonist in einer Hütte im Wald wieder auf. Seine einzige Gesellschaft in der einsamen Hütte im Wald ist ein sprechender Rabe namens Karon, der sich acht Jahre später zusammen mit ihm auf den Weg macht, seine Freundin und seine Heimat wiederzufinden.

Der namenlose Held bekommt es im Laufe der Geschichte mit allerhand Dämonen zu tun, die es auf sein Leben abgesehen haben.

Als Spieler übernimmt man die Rolle des namenlosen Jungens, der sich zusammen mit seinem tierischen Freund auf den Weg macht, um zahlreiche Abenteuer zu erleben, Rätsel zu lösen und natürlich seine Freundin zu retten. Ok, diesen Plot habt ihr schon in einer Menge von Spielen in ähnlicher Form gesehen. Ja, das stimmt,  aber warum eine gute Formel nicht erneut nutzen? Und der Entwickler Kaizo hat die Formel wirklich hervorragend genutzt. Die Geschichte wird, wie man es von JRPGs aus den 90ern kennt, durch Textboxen erzählt. Was für heutige Verhältnisse nicht mehr ganz so zeitgemäß ist, mir aber beim Antesten des Spiels ordentlich Retro-Vibes gegeben hat. Die Story selbst ist recht spannend gemacht, steckt voller tragischer Wendungen und ist für einen Indie-Titel mit knapp 50 Stunden Spielzeit sogar recht lang. Ein wenig schade ist dabei nur, dass das Spiel leider keine deutsche Lokalisierung hat und nur auf Englisch gespielt werden kann.

Eine ordentliche Portion Action, Hack and Slay und Rollenspiel

Gameplay-technisch ist „Astlibra“ eine interessante Mischung. So werden hier Rollenspiel-Elemente mit Hack and Slay verbunden. Denn anders als typische JRPG-Vertreter aus den 90ern, die auf rundenbasierten Kämpfen aufbauen und eher gemächlicher sind, geht es im 2D-Side-Scroller „Astlibra Revision“ ordentlich zur Sache. Denn hier heißt es Waffe ausgepackt und die zahlreichen Dämonen in Echtzeit verprügelt. Hier merkt man auch schnell, dass das Spiel aus Japan stammt, denn ein gewisser Anime-Vibe mit übertriebenen Effekten, extremen Kombos und auch Soundeffekten verleiht sogar den simplen Kämpfen gegen Slimes eine gewisse Theatralik. Generell ist das Kampfsystem recht gut durchdacht und intuitiv zu erlernen.

Im Laufe des Spiels kommt dann durch verschiedene Systeme noch ordentlich Tiefe hinzu.

  • Attribute: Im Laufe des Spiels levelt man den namenlosen Jungen weiter auf und mit jedem Level kann man dann seine Attribute verbessern. Mit den Attributen verbessert man z.B. die Lebenspunkte oder auch die Angriffsgeschwindigkeit des namenlosen Helden.
  • Karon-System: Ja, der Rabe leistet auch seinen Beitrag. So verleiht er dem Helden verschiedene passive Fähigkeiten, mit denen man durch das Meistern von Ausrüstungsgegenständen z.B. Waffen oder Rüstung erhält. Die passiven Fähigkeiten können aber nicht nur nutzen, denn je nachdem, wie man den namenlosen Jungen geskillt hat, können auch Nachteile entstehen. 
  • „Possession“-Fähigkeiten: Natürlich gibt es auch Magie in der Welt von „Astlibra“. Das System ist aber nicht so kompliziert wie in „Final Fantasy“. So gilt es lediglich, vier Zauber, die auf den vier Elementen basieren, zu meistern.
Die verschiedenen Skills erweitern das Attacken-Repertoire und lassen den Spieler diverse Spezial-Aktionen ausführen.

Hinzu kommen dann noch sechs verschiedene Schwierigkeitsgrade, die den Kämpfen noch einmal mehr Würze verleihen. Ich habe das Spiel auf normaler Schwierigkeit angefangen und hatte in den Bosskämpfen ordentlich zu schwitzen. Denn simples Draufhauen reicht nicht aus. So muss man ausweichen, passende Zauber nutzen und natürlich die richtigen Kampf-Kombos verwenden, um die Bosse besiegen zu können. Wie das auf den höheren Schwierigkeitsgraden aussieht, möchte ich lieber nicht austesten. Wer aber auf „Dark Souls“-Niveau spielen will, soll sich keinen Zwang antun. Was ich eher ein wenig negativ empfunden habe, ist der Grind, den man leider betreiben muss, denn der Story-Fortschritt ist nicht an das Level gekoppelt und so kann es passieren, dass man auf einmal einem viel stärkeren Boss mit einem zu niedrigen Level begegnet. Hier muss man dann in die etwas niedrigeren Level-Abschnitte zurückkehren und Monster für EP farmen.

Mittelalter trifft Anime

Bei der Grafik des Spiels bin ich mir nicht so ganz sicher, da der Mix aus Anime-Figuren und einem gemalten Hintergrund auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig aussieht. Das lässt aber zum Glück im Verlauf des Spiels etwas nach und man gewöhnt sich an den Grafik-Mix – spätestens wenn man die aufwendigen Sprites der zahlreichen Gegner und auch Charaktere aus „Astlibra“ bewundert. Denn hier entdeckt man die Liebe, die im Projekt steckt. So fühlt sich jeder Gegner einzigartig an und die Bosse, wie z.B. ein mehrköpfiger Drache, bleiben einem dauerhaft im Gedächtnis.

Die Bossgegner in Astlibra Revision sind beeindruckend und extrem schwer zu besiegen.

Hinzu kommt eine gelungene musikalische Untermalung aus verschiedenen lizenzfreien Liedern von diversen Künstlern und auch Plattformen. Von Dubstep bis Rock ist alles dabei und gerade in den Bosskämpfen hat der Entwickler ein besonderes Händchen gehabt, die passende Musikuntermalung für die epischen Fights auszusuchen. Schade ist, dass das Spiel ohne Sprachausgabe auskommen muss. 

Story-Wucht, die sich langsam entfaltet

Wie man unschwer erraten kann, hat mich „Astlibra Revision“ echt überrascht. Bis auf ein paar Kleinigkeiten ist das Indie-Game wirklich eine Wucht. So gefällt mir vor allem der Genre-Mix aus Rollenspiel, Adventure und  Hack and Slay sehr gut. Völlig begeistert war ich von der Story, die zwar erst sehr seicht anfängt, dann aber gerade im Verlauf des Spiels immer mehr an Tiefgang bekommt. Gut, an den Grafikstil-Mix muss man sich erst gewöhnen, aber die Sprites der Gegner und vor allem auch der Bosse sind beeindruckend. Besonders der Kampf mit dem wolfsartigen Behemoth hat mir echt alles abverlangt. Apropos alles abverlangt, mit sechs verschiedenen Schwierigkeitsgraden bietet das Spiel sowohl für Spieler, die nur die Story spielen wollen, aber auch den „Dark Souls“-Fans die passende Schwierigkeit an. Ebenso haben mir die verschiedenen Rollenspiel-Systeme des Spiels gefallen. So kann man mit den Attributen seinen Charakter so bauen, wie es für den jeweiligen Spielstil passt. Karon, der tierische Begleiter, ist nicht nur ein Anhängsel, wie z.B. Navi aus „The Legend of Zelda: Ocarina of Time“, sondern unterstützt mit passiven Fähigkeiten aktiv den Protagonisten. Hinzu kommen dann noch zahlreiche Waffen, Ausrüstungsgegenstände und Rüstungen, die ebenfalls verschiedene Fähigkeiten des Heldens verstärken und Angriffsmöglichkeiten sowie Verteidigungsboni gewähren. Abgerundet wird das Ganze dann von einem recht simplen und intuitiven Magie-Menü.

Natürlich ist nicht alles Gold, was glänzt und so muss auch „Astlibra“ ein paar Federn lassen. Das Spiel verfügt über keine deutsche Lokalisierung, was nicht unbedingt stark ins Gewicht fallen würde, wenn die englische Übersetzung einwandfrei wäre. So sind einige Sätze vermutlich falsch übersetzt worden und daraus ergeben sich zum Teil echt witzige Dialoge, die keinen wirklichen Sinn ergeben. Hinzu kommt dann noch ein schwacher und langwieriger Einstieg in die Story, der aus einer Rückblende des Protagonisten besteht. Wenn man keine Lust auf die Story hat, kann man diese zwar auch überspringen, verpasst aber sehr viele Hintergründe, die später für die Geschichte noch wichtig sind. Ein weiterer Punkt, der mich immer mal wieder aus der später doch hervorragenden Story gerissen hat, ist der Grind, denn die Story ist vom Level unabhängig. Die zahlreichen Bosse sind es aber nicht, sodass man schnell mal ein zu niedriges Level hat und der Boss ganz einfach Hackfleisch aus dem Helden macht. Aber genug gemeckert, denn auch wenn „Astlibra“ die eine oder andere Schwäche hat, kann ich das Spiel Retro-Fans, die Lust auf ein 2D-Action-JRPG mit Hack and Slay haben, nur wärmsten empfehlen. Ob der Stand-Alone-DLC „Astlibra Gaiden: The Cave of Phantom Mist“ genauso gut überzeugen kann, erfahrt ihr in meiner nächsten Review.

Aussehen15 / 20
Soundtrack18 / 20
Spielspaß15 / 20
Story15 / 20
Umfang20 / 20

The good

  • Eine Interessante Story, die im Laufe des Spiels sehr viel Tiefgang bekommt.
  • Tolles Design der Bosse und Bossfights, die in Erinnerung bleiben.
  • Ein einfaches, aber im Verlauf des Spiels immer mehr forderndes Kampfsystem.

The bad

  • Keine deutsche Lokalisierung und die englische Lokalisierung hat leider Übersetzungsfehler, die zu komischen Dialogen ohne Sinn führen.
  • Der Grind reißt einen aus der gelungenen Story und einige der Rätsel sind sehr unübersichtlich, sodass man auch hier wieder aus dem Spielfluss gezogen wird.
  • Der Einstieg in die Story des Spiels ist ein wenig langweilig und sehr zäh. Man kann die gescriptete Story zwar auch überspringen, hat dann aber gewisse Wissenslücken, die im Laufe des Spiels an Bedeutung gewinnen.

Bilder: Keizo / WhisperGames

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