Viele Jugendliche werden heute wahrscheinlich mit dem Kopf schütteln, wenn sie hören, dass man früher seinen Rechner, schwere Röhren-Monitore und natürlich seine komplette Spiele-CD- / DVD-Sammlung mitgenommen hat, um mit seinen Freunden eine Runde PC zu spielen. Dank (besserem) Internet, Online-Funktionen und natürlich auch Discord oder Teamspeak wird heutzutage fast ausschließlich online „Battlefield“ oder „Counterstrike“ gezockt. Doch ist damit vielleicht auch ein Stück Kultur und Geselligkeit verloren gegangen?

Die Anfänge der Lan-Party

Einige von euch werden jetzt das klassische Bild einer Lan-Party vor Augen haben: Ein abgedunkelter Raum, flimmernde Bildschirme, ein Haufen Gamer, die Pizza essen, Energy trinken und sich darüber unterhalten, welche Map man denn jetzt bei „Counterstrike“ wählt – natürlich wurde es immer Dust 2. Doch eigentlich hat es weniger spektaluär angefangen:

Der Atari ST, zusammen mit dem 1987-Multiplayer-Computerspiel „MIDI Maze“, haben dafür gesorgt, dass die erste Lan stattfinden konnte. Doch im engeren Sinn hatte die „Midi Maze“ Lan nichts mit der eigentlichen Lan-Party zu tun. Denn statt Thin Ethernet oder Fast Ethernet zu nutzen, griff man hier auf die MIDI-Schnittstelle zu. Mit Hilfe der MIDI-Schnittstelle konnten bis zu 16 Computer zu einem Netzwerk verbunden werden. Die Atari wurden so in Reihe geschaltet, dass jeweils die MIDI-Out-Buchse mit dem MIDI-In des nächsten Atari verbunden wurde, bis der Ring komplett war. Einer der Ataris funktionierte in diesem Netzwerk dann als „Master-Rechner“, über den man den MIDI-Ring und auch das Spiel starten konnte. „MIDI Maze“ war eine Labyrinth-ähnliche Karte, auf der die Spieler als Smileys angezeigt wurden. So konnten sich die Spieler durch das Labyrinth jagen und abschießen.

Die DreamHack 2004 stellte einen Guinness World Record auf.

Mit der Zeit wurden die Spiele, aber auch die Technik, weiterentwickelt, sodass Mitte der 90er Jahre Lan-Partys, wie wir sie bereits beschrieben haben, entstanden. So traf man sich mit Freunden zum Zocken und um einfach eine gute Zeit zu genießen. Dazu schleppte man sein gesamtes Computerzubehör umher, baute einen Switch auf, steckte die Lan-Kabel rein, richtete das Heimnetzwerk ein und los gings mit dem Zocken. Richtig interessant wurde es aber erst, wenn man auf eine der größeren Partys ging, denn dann konnte man manchmal mit mehr als 100 Teilnehmern spielen und sich in Wettstreiten messen. Aber auch die ersten kommerziellen Lan-Partys entstanden in den 90er Jahren. Ein prominentes Beispiel ist die DreamHack, die 2004 sogar einen Rekord aufstellte mit 5.272 Teilnehmern und 5.852 Computern, verbunden in einem einzigen Local Area Network. Damit war die DreamHack die größte Lan-Party der Welt.

Die richtige Wahl der Computerspiele

Ein Genre verbindet man mit Lan Partys wohl am häufigsten – richtig, Shooter. Sie sind kompetitiv, schnell zu erlernen, bieten viele Optionen an Waffen, sodass für jeden Spielstil etwas dabei ist und natürlich schnelles Gameplay, wodurch die Runden schnell vorbei sind. So waren es insbesondere Computerspiele wie „Doom“, „Unreal Tournament“, „Half Life“ und natürlich „Counterstrike“, die vor allem auf den kommerziellen Lans zu den Favoriten zählten. Auf privaten Lans war es eher durchmischt, sodass hier auch Aufbaustrategie-Titel gespielt wurden. Die größten Titel waren hier „Command & Conquer“, „Starcraft“, das vor allem für seinen Zerg Rush berühmt und berüchtigt war und natürlich „Warcraft III“, das durch die vielen selbst erstellten Karten jede Menge Auswahl bot. „Warcraft III“ und damit auch Lan-Partys sind unter anderem dafür verantwortlich, dass das MOBA-Genre sehr beliebt ist, denn ohne den Mod „Defense of the Ancients (DotA)“ wäre das Genre wohl nie so populär geworden bzw. gar nicht erfunden worden.

Doch leider standen Lan-Partys in den 90ern auch unter starker Kritik. Da hier vor allem Shooter gespielt wurden, waren sie natürlich als Trainingszentren für Amokläufe verrufen, wie bei Killer-Spiel-Debatte nach dem Amoklauf von Erfurt 2002. Schuld daran? Ganz klar Unwissenheit! Denn auch wenn Shooter auf den Partys gespielt wurden, liefen diese meist friedlich ab, sodass sich jeder Teilnehmer auf den Lans sicher fühlen konnte. Zumal auf den kommerziellen Partys auch Ordnungskräfte im Einsatz waren, der Jugendschutz eingehalten wurde und man auf den privaten ja auch nur Leute einlud, die man mochte. Doch diesen gewissen Ruf konnten die Lan-Partys bedauerlicherweise nie wirklich loswerden.

Der Sargnagel für die Lan-Partys

Die eigentliche Lan-Party verschwand dann etwa Mitte der 2000er. Grund dafür war schlichtweg das schnellere und besser ausgebaute Internet. So konnte man bequem von Zuhause mit seinen Freunden spielen, musste keinen Veranstaltungsort suchen bzw. buchen und natürlich auch nicht die schweren Rechner von A nach B tragen. Hinzu kam auch, dass Publisher immer mehr dazu übergegangen sind, ihre Spiele für den Internetmodus zu entwickeln, da so auch die Weitergabe von illegalen Kopien verhindert werden sollte bzw. konnte. Auch die auf den Lan-Partys stattgefundenen Wettbewerbe wurden durch Online-Wettbewerbe ersetzt. Mit dem Aussterben der Lans füllten diese entstandene Lücke dann nämlich die zahlreichen E-Sports-Events.

Doch so ganz ist die Lan-Party für Gamer nicht in der Versenkung verschwunden, es finden unter anderem kleinere Partys im Freundeskreis und ein paar wenige Großevents immer noch statt. Meist sind diese Veranstaltungen aber nur noch möglich, wenn man als Teilnehmer noch alte Peripherie hat, mit der man die Spiele ohne Probleme spielen kann. Denn die meisten Rechner, die es 2023 zu kaufen gibt, sind zu neu, sodass die alten Spiele nicht ohne Weiteres zum Laufen gebracht werden können.

Rosarote Brille! – War früher doch alles besser?

2023 hat sich Gaming völlig verändert, so spielen wir heute vorzugsweise mit unseren Freunden online, reden mit ihnen über Teamspeak oder Discord und alles, was wir früher gemacht haben, um miteinander zu spielen, ist heute obsolet. Klar liegt es auch daran, dass viele Spiele heutzutage nur noch online im Multiplayer spielbar sind – dennoch mag das jetzt vielleicht ein wenig kitschig klingen, aber auch wenn ich den „Status Quo“ echt liebe, trauere ich den Lan-Party-Zeiten doch ein wenig hinterher.

Doch war früher wirklich alles besser? Ich habe die rosarote Brille mal abgelegt und muss ehrlich sagen, definitiv nicht. Denn abseits von einer guten Zeit mit Freunden, Pizza und echt lustigen Fights hatten Lan-Partys auch etwas Stressiges an sich.

  • Der erste Punkt: Man musste seinen Rechner, Röhren-Bildschirm (verdammt schwer), Lan-Kabel, einen Switch und natürlich auch Maus, Headset und Tastatur einpacken und sich, wenn man nicht selbst fahren konnte, von seinen Eltern zum Veranstaltungsort karren lassen.
  • Der zweite Punkt: Man musste ja auch alles wieder anschließen. Hatte man dann alles stehen, hieß es, sich mit dem Kabel verbinden und das Heimnetzwerk einrichten. Apropos Heimnetzwerk, das war der Albtraum jeder Lan, denn gefühlt gab es immer einen PC, den niemand im Netzwerk finden konnte. Dafür gab es zwei Lösungen: Entweder hat man so lange herumgedoktert, bis man sämtliche Firewalls auf dem Rechner umgangen hatte oder derjenige musste das Spiel hosten. Im Grunde hat man erstmal zwei Stunden damit verbracht, alle Rechner so zu justieren, dass sie einwandfrei gelaufen sind.
  • Der letzte Punkt war sogar noch nerviger als alles andere zuvor. Konnte man dann nämlich theoretisch mit dem Spielen beginnen, musste natürlich noch der ein oder andere Patch bzw. die ein oder andere Karte geladen werden. Dafür kamen dann die 50 CDs mit den Updates dazu, sodass alle auf demselben Stand waren.

Bis auf die Probleme und verlorene Zeit zum Start einer Lan war es dennoch eine der besten Gaming-Erfahrungen, die man damals machen konnte und irgendwie vermisse ich sie auch. Wie sieht das bei euch aus, vermisst ihr es auch, mit Freunden eine Lan zu veranstalten? Welche lustige Anekdote habt ihr auf euren Lans erlebt? Wir sind schon sehr gespannt, also schreibt uns eure Erfahrungen mit Lan-Partys in die Kommentare!

Bild: Adobe Stock / Anna Kosolapova

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