Welches Videospiel habt ihr in eurer Kindheit rauf und runter gespielt? Wenn ihr jetzt an dieses eine Game denkt, bekommt ihr dann ein wohlig warmes Gefühl in eurem Bauch? Falls ja, dann überkommt euch wohl gerade die Nostalgie – oder aber ihr habt gestern was Verdorbenes gegessen. Aber warum fühlt es sich so toll an, an Spiele aus unserer Vergangenheit zu denken? Welchen Zweck hat es, sich an Retro Spiele zu erinnern?

Mein allererstes Videospiel, das ich selbst besessen habe, war „Super Mario World“, das ich zusammen mit meinem Super Nintendo Entertainment System an meinem sechsten Geburtstag erhalten habe. Ich kann mich noch genau an meine ersten Versuche im Spiel erinnern, wie das Zimmer aussah, in dem ich es spielte, die bunte 2D Grafik und natürlich auch an die fantastische Musik im Game. Da es mein erstes Videospiel war, hat es für immer ein Platz in meinem Herzen und es bleibt auf ewig in meiner Erinnerung. Sicher habt ihr ebenfalls solche Spiele, an die ihr euch gerne erinnert und noch genau wisst, wo, wann und mit wem ihr es gespielt habt – und wenn ihr an dieses Game denkt, seid ihr glücklich und zur selben Zeit auch etwas wehmütig. Wir schauen uns dieses Phänomen genauer an.

Was ist eigentlich Nostalgie?

Nostalgie kommt von dem lateinischen Wort „Nostalgia“, was übersetzt so viel heißt wie Heimweh. Klingt jetzt erstmal negativ. Schaut man sich das Phänomen Nostalgie aus der psychologischen Perspektive an, so kann man es auch als zweischneidiges Schwert betrachten. Denn Nostalgie ist eine komplexe emotionale Erfahrung, die sowohl positive als auch negative Komponenten aufweisen kann. Im Beispiel mit meinem allerersten Videospiel assoziiere ich das Game mit einer positiven Stimmung und der Gedanke daran steigert mein Wohlbefinden. Einige Studien haben gezeigt, dass Nostalgie sogar das Selbstwertgefühl stärken sowie ein Gefühl der Kontinuität und Verbundenheit zur Vergangenheit vermitteln kann.

Mann schaut auf altes Foto
Nostalgie ist meist positiv, kann aber auch negative Auswirkungen haben.

Nostalgie kann allerdings auch negative Auswirkungen haben, insbesondere wenn sie übermäßig empfunden wird. Wer hat nicht schonmal den Spruch gehört: „Früher war alles besser“? Meist entsteht so eine drastische Meinung durch eine Verzerrung der Vergangenheit und es kann dazu führen, dass Menschen die Erinnerungen an vergangene Zeiten idealisieren. Sie können dann mit der Realität in der Gegenwart und sogar der Zukunft teilweise nur noch schwer umgehen, da sie zu sehr auf die Vergangenheit fixiert sind.

Wie Videospiele mit unseren Erinnerungen spielen

Auch wenn Nostalgie negative Auswirkungen haben kann, so ist sie in der Regel eher positiv behaftet. Hattet ihr in eurer Kindheit oder Jugend eine Vorliebe für ein bestimmtes Musik- oder Filmgenre, werdet ihr diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Leben lang haben. Schauen wir also „Ghost Busters“ zum 50. Mal oder lauschen den Klängen von Michael Jackson, hebt das unsere Stimmung. Dasselbe gilt natürlich auch für Videospiele und genau das machen sich die Publisher zunutze – Retromarketing nennt sich das. Die Macher hinter den Spielen, aber auch Filmemacher, Musikschaffende und noch viele mehr, nutzen eueren Hang für Nostalgie gekonnt aus.

Vergleich pokemon alt gegen neu
Habt ihr ein Game in eurer Kindheit viel gespielt, interessiert ihr euch wahrscheinlich auch für die Nachfolger.

Selbst die neusten „Pokémon“-Spiele „Karmesin und Purpur“ betrifft das beispielsweise – zumindest im Hinblick auf die älteren Konsumenten. Seid ihr zum Beispiel über 30 und habt in eurer Kindheit kein einziges Game der Reihe gespielt, schaut ihr euch mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht die neusten Teile an. Anders sieht das aus, wenn ihr mit „Pokémon“ aufgewachsen seid. Wie viele Leute kennt ihr, die jedes Pokémon-Game seit der ersten Generation gekauft haben? Immer wieder begegne ich beispielsweise Spielern, die offen sagen, dass ihnen die neusten „Pokémon“-Spiele gar nicht gefallen, sie sich diese aber dennoch kaufen. Warum? Die Nostalgie verleitet sie dazu!

Immer mehr Remakes und Remaster

Das Phänomen Remakes und Remaster zielt ebenfalls auf eure Nostalgie ab. Klar sind Remakes und Remaster auch eine gute Gelegenheit, um Klassiker endlich nachzuholen, wenn sie an einem vorbeigegangen sind, aber es sind vor allem die älteren Spieler, die hier angelockt werden sollen – schließlich sind es genau die, die in der Regel auch das nötige Einkommen besitzen, um sich vermehrt Games leisten zu können. Also werden sie an ihre Kindheit erinnert und schon öffnet sich das Portemonnaie. Das hat die Spieleindustrie auch bemerkt: Laut des leitenden Analysten von der Seite SuperData haben sich die digitalen Umsätze für Top-Neuauflagen zwischen 2018 und 2020 fast verdoppelt – und wie wir anhand des Erfolgs der Remakes von „Resident Evil 4“ oder „Dead Space“ in 2023 gesehen haben, ebbt dieser Trend scheinbar auch nicht ab.

Joes guckt grimmig
Remakes und Remaster zielen auf eure Nostalgie ab.

Ist euch aufgefallen, dass die meisten Remakes oder Remaster auf Spielen basieren, die in den 90ern oder frühen 2000ern erschienen sind? Das liegt wie erwähnt ganz einfach daran, dass der größte zahlungskräftige Teil der Gamer über 25 Jahre alt ist. Wenn wir jetzt mal zurückrechnen, betrifft das also insbesondere Leute, die spätestens 1998 geboren wurden. Remakes oder Remaster von Spielen aus den 80ern sehen wir so gut wie gar nicht – denn dafür ist die Zielgruppe zu klein. Im Laufe der Zeit wird sich das natürlich weiter verschieben und wir werden Remakes von Spielen aus den 2010er-Jahren erhalten – allerdings bleibt dies abzuwarten. Der technische Sprung von Videospielen der 90er zu den heutigen ist weitaus enormer als es vielleicht in der Zukunft sein wird. Aber das scheint die Entwickler bislang ja auch nicht davon abzuhalten, Games wie beispielsweise „The Last of Us“, das erst 2013 erschienen ist und 2014 bereits ein Remaster erhalten hat, jetzt nochmal ein Remake zu spendieren. Hinzu kommen noch Sequels, die alte Videospielreihen wieder aufleben lassen, wie zum Beispiel der Reboot von „Doom“ (2016).

Waren Videospiele früher besser?

Wie schon erwähnt, kann Nostalgie zu einer Verzerrung der Vergangenheit führen. Das passiert insbesondere mit Erinnerungen aus unserer Kindheit und Jugend. Kognitive Verzerrung ist ein Begriff aus der Psychologie, der sich auf die Art und Weise bezieht, wie unser Gehirn Informationen verarbeitet. Vereinfacht gesagt: Die Rosarote-Brille macht alles besser. Oft idealisieren wir die Vergangenheit und erinnern uns an die positiven Aspekte der Videospiele, während wir die negativen Aspekte vergessen oder verdrängen. Wir denken an Retro-Spiele und erinnern uns an das Gefühl von Aufregung und Abenteuer, aber vergessen oft die Frustration, wenn wir beispielsweise zum 1000. Mal dasselbe Level in „Battletoads“ versuchen oder unseren SNES-Controller wieder durch das Zimmer pfeffern, weil wir an „Ghosts ’n Goblins“ scheitern. Das ist nicht weiter schlimm, gehört eben zu unserer Erinnerungskultur und zur Erinnerung jedes Einzelnen.

Man kann also nicht verallgemeinert sagen, dass alles an den Videospielen früher besser war. Es sind vor allem die Umstände, in denen wir sie erlebt haben. So könnte unser soziales Gedächtnis dazu beitragen, dass wir uns ganz besonders an das ein oder andere Game erinnern. Damit ist gemeint, mit wem wir die Games zusammengespielt oder uns darüber ausgetauscht haben. Habt ihr auch Pokémon mit euren Freunden auf dem Schulhof getauscht oder vielleicht sogar mit euren Geschwistern gemeinsam Videospiele durchgezockt? Dann hat euch dieses Erlebnis womöglich geprägt – stärker als es ein Videospiel in eurem Erwachsenenalter jemals könnte.

Früher war alles unkomplizierter

Dennoch gibt es einige Eigenschaften an Retro-Spielen, die für viele Gamer, auch objektiv betrachtet, besser waren. Diese gelten selbstverständlich nicht für alle Retro-Games im Allgemeinen, dennoch ist da eine Differenzierung auszumachen. In vielen älteren Videospielen war die Spielmechanik im Vergleich zu modernen Games einfacher. Das kann ebenfalls dazu führen, dass wir uns gerne an diese Spiele erinnern. Keine komplexe Steuerung, überladenen Menüs oder dreistündige Tutorials. Einmal kurz die Cardridge durchpusten und ab damit in die Konsole – ganz ohne Installation, Update oder gar Internetverbindung. Aber schließlich mussten sich die Entwickler immer wieder neue Sachen einfallen lassen und ihre Titel weiterentwickeln – nicht nur grafisch.

Und eines ist unbestreitbar: Meilensteine wie „Pong“, „Pac-Man“, „Donkey Kong“ oder „Super Mario Bros.“ haben die Videospielindustrie geprägt. Sie haben den Weg für viele anderen modernen Games geebnet und selbstverständlich einen bleibenden Eindruck bei uns Spielern hinterlassen. Indem wir uns an solche historischen Spiele erinnern, können wir uns mit der Entwicklung der Videospielbranche auseinandersetzen und ein Gefühl dafür bekommen, wie es war, als Games noch in den Kinderschuhen steckten.

Pac-Man: Labyrinth / Geister / Pac-Man
Klassiker wie Pac-Man werden niemals vergessen.

Was wir als Kinder erlebt haben, bleibt uns auch im Gedächtnis. Videospiele gehören dazu – selbst, wenn sie objektiv betrachtet nicht die besten waren. Viel wichtiger sind die Umstände, in denen wir sie erlebt haben und Erfahrungen, die wir mit ihnen gemacht haben. Selbst ein Top-Game, das heute herauskommt, wird uns niemals so sehr in Erinnerungen schwelgen lassen, wie das erste Spiel, das wir gespielt haben. Dafür wird es das vielleicht bei Gamern schaffen, die jetzt noch Kinder sind. Dann blicken diese in 20 Jahren zurück und schwärmen von „Horizon Zero Dawn“ oder „Fortnite“. Jede Generation hat Spieler mit einer eigenen Erinnerungskultur. Die Nostalgie, die mit den Games verbunden ist, kann unser emotionales Gedächtnis aktivieren und uns ein Gefühl der Kontinuität vermitteln. Gleichzeitig kann kognitive Verzerrung dazu führen, dass wir die Vergangenheit idealisieren und uns nur an die positiven Aspekte erinnern. Kombiniert mit dem sozialen Gedächtnis fühlen wir dabei eine Verbundenheit und Gemeinschaft – kurzum: Wir lieben es, uns an alte Videospiele zu erinnern.

An welche Spiele denkt ihr gerne zurück? Gibt es sogar Games, die ihr heute nicht mehr spielen könnt, weil sie einfach schlecht gealtert und nur in eurer Erinnerung toll sind?

Bilder: pixabay / jarmoluk, Nintendo, PlayStation, Naughty Dog, Bandai Namco, Retro Gaming Crew

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